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Blogparade: Was geht (gar nicht) im Netz?

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Vor kurzem wurde ich Dank @hildwin auf die Blogparade der Enquetekommission „Internet und digitale Gesellschaft“ zum Thema „Was geht (gar nicht) im Netz?“ aufmerksam. Die grundsätzliche Frage, die die Kommission stellt, ist, ob schlechtes Onlinebenehmen gute Diskussionen im Netz verhindert. Ist es nur ein gefühlter Zustand oder muss sich etwas ändern? Pragmatische sollten die drei für mich wichtigsten Regeln für Kommunikation im Netz formuliert werden. Versuchen kann ich es ja mal.

Als Erstes bin ich der Frage auf den Grund gegangen, ob es wirklich so viel schlechtes Onlinebenehmen im Netz gibt. Es ist natürlich, dass an Orten, an denen viele verschiedene Meinungen aufeinander prallen, es um emotionale Involvierung von Personen zu einem Thema geht, immer ein Konfliktpotential besteht. Je weiter die Meinungen auseinander driften, desto größer werden dann auch gerne mal die Spannungen. Dies ist unabhängig vom Ort etwas, was nun einmal bei verschiedenen Persönlichkeiten und Meinungen auftritt. Die Emotionen kochen hoch und schnell ist ein Wort gesagt bzw. im Netz geschrieben, was man vielleicht hinterher bereut. Doch anders als der Mensch vergisst das Netz nicht. Was geschrieben steht, ist nicht so leicht zu tilgen. Es ist immer wieder aufrufbar, nachlesbar und so kann leicht ein Eindruck entstehen, dass im Netz andere Sitten herrschen.

Meine erste Regel lautet dementsprechend: „Behandle andere Menschen so, wie auch Du behandelt werden möchtest.“

Respektvoller Umgang miteinander ist das A und O und dies ist nicht abhängig vom Ort. Ob nun das „reale Leben“ oder „die virtuelle Welt“, beides ändert nicht, wer wir sind und wie wir mit anderen umgehen. Nur, weil einige Menschen der Meinung sind, man müsste in der weltumspannenden Errungenschaft Internet wieder Grenzen ziehen, gibt man seine Persönlichkeit nicht an dieser Grenze ab. Für mich persönlich existiert überhaupt erst keine Grenze. Ich „gehe“ nicht ins Internet, das Internet ist allgegenwärtig. Mit dem Siegeszug von Smartphones und Tablets sind sie integraler Bestandteil meines täglichen Lebens geworden und damit auch meiner Kommunikation mit anderen. Online und Offline ist für mich einfach nicht mehr zu trennen. Der weltweite (Wissens-)Austausch über Landesgrenzen hinaus, den das CERN mit der Erfindung des Webs in den 1980er Jahren anstrebte, ist nun möglich und Teil meiner und unserer aller Wirklichkeit.

Hier muss ich leider etwas ausschweifen, denn in der Fragestellung der Blogparade kam auch die Frage auf, ob der Gesetzgeber etwas ändern sollte oder gar müsste. An dieser Stelle möchte ich einmal anmerken, dass das Ziehen von Landesgrenzen bis hin zur Ebene der Bundesländergrenzen – Föderalismus und 16 Datenschützer der Bundesländer seien da erwähnt – im virtuellen Raum Unsicherheiten schafft, die nicht nötig wären. Warum wird das Internet nicht als große Chance gesehen? Sind wir Deutschen solche Schwarzseher? Warum versuchen wir zu regulieren, wo so viele Gesetze schon greifen? Das Internet ist kein – und war es auch nie – rechtsfreier Raum (eine Floskel, die mir übrigens die Galle überkochen lässt, weil es nur zeigt, wie eine ganze Generation durch die Interpretation der Ewiggestrigen missverstanden wird). Lediglich müssten einige Gesetze der neuen Lebensrealität angepasst werden, um auch Rechtssicherheit im Umgang mit dem Internet zu schaffen. Gerade diese Unsicherheiten aufgrund veralteter Gesetze schafft Diskussionspotential und das, was früher an Stammtischen diskutiert wurde, findet heute in der breiten Öffentlichkeit im Netz an den verschiedensten Stellen statt. Die Aufmerksamkeit steigt und es tritt schneller zu Tage, was die Allgemeinheit bewegt (bzw. 75 % der Deutschen, die angeblich zumindest im Besitz eines Internetanschlusses sind) – dann aber mit allen Facetten, wenn verschiedene Persönlichkeiten und Meinungen aufeinander treffen.

Würde der Gesetzgeber hier die Daumenschrauben in Form von neuen Regularien ansetzen, hätte das einen einfachen physikalischen Effekt. Das System, auf den Druck ausgeübt wird, versucht auf anderem Wege, diesen Druck zu mindern. Dies bedeutet, es weicht ab, umgeht den Druck. Würde für den Gesetzgeber bedeuten, dass eine jetzt schon vorhandene Unzufriedenheit wachsen würde, was nicht ein erklärtes Ziel sein kann. Aber beim Gesetzgeber allein die Schuld an der Misere Digitale vs. Analoge Gesellschaft zu suchen, wäre zu kurz gedacht. Der Irrsinn sitzt auch in schwarzen Roben in den Gerichtssälen des Landes. Dort gibt es selten technisches Verständnis für diese (seit nun 30+ Jahren existierenden) „Neuen Medien“. Da werden Facebookseiten kurzerhand Websiten gleichgesetzt und der Abmahnindustrie Haus und Hof geöffnet, weil aufgrund dieser Tatsache mal eben Impressums- und Anbieterkennzeichnungspflicht besteht. Auch für Privatpersonen, die als Markenbotschafter agieren, gilt dies. Dann soll das Ganze auch noch immer und überall erkenntlich sichtbar sein – technisch zumindest bei Privatprofilen auf Facebook nicht so einfach zu leisten. Generell finde ich es abstrus, einem global agierenden Unternehmen deutsche Regeln überstülpen zu wollen und es so zu zwingen, Anpassungen vorzunehmen, die bei genauer Betrachtung sogar wettbewerbsbenachteiligend für Deutsche sein können. Mit solchen Regularien sehe ich einen ganzen Wirtschaftszweig, der gerade noch im Entstehen ist, schon bedroht (inklusive meinem Job). Kann das wirklich gewollt sein?

Okay, genug abgeschweift, vielleicht zu kurz gedacht – dann bitte ich um eine freundliche Korrektur in den Kommentaren. ;)

Zweite Regel: „Verstecke Dich nicht hinter einem Pseudonym, wenn Du etwas zu sagen hast.“

Ehrliche und glaubhafte Kommunikation findet im freiheitsstaatlichen Kontext selten mit Pseudonymen statt. Sich hinter der Anonymität in Deutschland zu verstecken, empfinde ich als feige. Warum sollte man sich verstecken, wenn man eine Meinung hat? Kann man nicht zu seiner Meinung offen und ehrlich stehen? Meist versteckt man sich hinter einem Pseudonym, um zu Trollen, zu Haten, zu Ranten, zu Mobben, zu Dissen. Ausnahmen bilden Pseudonyme, bei denen die Akteure dahinter bekannt sind und das Pseudonym zur Profilbildung, zum sogenannten Personal Branding, dazu gehört. So bin auch ich als snoopsmaus im Netz, aber immer auch als Romy Mlinzk identifizierbar. Klarname und Pseudonym sind klar verknüpft.

Anders liegt natürlich der Fall, wenn wir uns ausserhalb von Staaten mit Freiheit als Grundprinzip bewegen. So erwartet aber auch keiner von einem regimekritischen Blogger im Iran, dass er unter seinem Klarnamen über die Zustände in seinem Land bloggt. Die Folgen, die das haben kann, haben wir letztens erst erlebt. Da starb ein iranischer Blogger im Gefängnis durch die Hand des Regimes, über das er die Welt mit den Mitteln, die das Internet ihm zur Verfügung stellte, aufklären und informieren wollte.

Es gibt sicherlich auch andere Gründe für Pseudonyme und Anonymität im Netz – aber es ist auffällig, dass in einem Portal wie YouTube, wo eher aufgrund der Entstehungsgeschichte ein Pseudonym im Vordergrund steht, die Kommentare eher Kindergartenniveau haben und auf das Härteste vom Leder gezogen wird. Ehrliche, sachliche und auch fachlich tiefgreifende Diskussionen finden sich eher auf Plattformen mit Klarnamenphilosophie, die hauptsächlich von den sogenannten Influencern und Early Adoptern genutzt werden, wie z.B. Google+. Damit spreche ich mich aber in keinster Weise für eine Klarnamenpflicht im Web aus! Es gibt immer Gründe, nicht auffindbar sein zu wollen und das Recht auf Anonymität möchte ich niemanden absprechen wollen! Doch in der Kommunikation ist es schon auffällig, wie unterschiedlich es auf den diversen Plattformen von Google zugeht. Bei Facebook (übrigens auch laut AGB mit Klarnamenverpflichtung) sieht das Ganze schon anders aus. Die breite Masse hat diese Plattform in all ihren Ausmaßen für sich entdeckt und so finden sich dort auch alle Ausprägungen von Kommunikation. Da ist es auch vielen schon egal, dass sie mit ihrem realen Namen auf eine Person oder Firma (hinter der letztendlich auch immer nur eine Person steckt, die das liest) verbal einprügeln und sich vergessen. Denen empfehle ich: Zurück zu Regel 1! Nur, weil man es in eine Maschine schreibt, heißt es nicht, dass es nur eine Maschine liest.

Aber manche Persönlichkeiten lassen sich nicht ändern und sie sind, wie sie sind. Es gab schon immer den grantigen Rentner, der mit dem Krückstock schwingend den Nachbarskindern hinterher rannte und ihnen die Pest an den Hals wünschte. Es wird auch immer die politisch Extremen geben, aber auch die ewig nervenden Streber, die Nachgeber, die Selbstdarsteller – das alles ändert sich im Netz nicht. Man kann eine Rolle spielen, sich anders versuchen darzustellen, doch letztendlich wird die Wahrheit immer ans Licht kommen. Da bin ich einfach optimistisch.

Damit komme ich zur Regel Drei: „Habe keine Angst vor Veränderungen und sei offen dafür.“

Kommunikation im Netz ist nichts anderes als herkömmliche Kommunikation, die man schon immer im zwischenmenschlichen Bereich betrieben hat – Dialog. Es ist nur eine Umstellung für Geschäftsmodelle, die auf One-Way-Kommunikation gesetzt haben, nur diese kennen und leb(t)en und für Menschen mit Sendungsbewusstsein, die aber nie gelernt haben, auch zu empfangen. Es ist also alter Wein in neuen Schläuchen, in einer Form von Technologie, die im ersten Moment vielleicht unverständlich und damit abschreckend ist. Aber Veränderungen sind gut, sie halten uns jung, sie halten den Geist wach. Evolution war immer schon ein großer Fortschritt und diesem sollte man sich nicht verschließen.

Sich auf Neues einlassen erfordert aber Mut. Den wollen manche nicht haben, weil sie Angst haben zu scheitern und der ihnen ihre Reputation kostet. Aber wir beweisen ständig Mut zu Neuem! Allein, wenn wir neue Menschen kennenlernen und sie in unser Leben lassen. Man lässt sich auf neue Menschen und Situationen ein, gibt eine scheinbare Kontrolle auf, weil man nicht weiß, was einen erwartet. Betrachtet man Onlinekommunikation mal als eine neue Liebe, dann kann man sie lieben und sie liebt einen vielleicht auch zurück. Aber man muss sich auf das Risiko einlassen, sie erkunden und kennenlernen und hat man den Mut einmal aufgebracht und ist sich näher gekommen, dann fällt einem die große Last, das Gefühl des Risikos, nach und nach von den Schultern. Man fühlt sich in der entstehenden Beziehung irgendwann zu Hause, blüht in ihr auf. Es kann dabei auch von Zeit zu Zeit zu Unstimmigkeiten und Verstimmungen kommen – aber auch das gehört zu einer guten Beziehung einfach dazu! Wie in jeder Beziehung geht man dann auch Kompromisse ein, denn jeder hat Rechte und Pflichten (z.B. Urheberrecht – aber bitte in einer modernen, der Zeit angepassten Version).

Wird man wider Erwarten doch nicht warm mit dieser neuen Liebe, dieser Art von Kommunikation, dann hat man es zumindest einmal probiert. Man hat Mut bewiesen. Letztendlich ist man dann vielleicht gescheitert, kann aber wenigstens mitreden und seine Learnings daraus ziehen. Scheitern ist kein Fehler! Scheitern ist eine Kunst und gehört zum Entwicklungsprozess eines jeden Individuums dazu.

Viva la Evolution!


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